Nowy Wiśnicz - die große Geschichte einer Magnatenstadt

Schloss in Nowy Wiśnicz.
Prächtige Denkmäler, reiche Geschichte, wunderschöne Natur - so kann man Nowy Wiśnicz kurz und bündig beschreiben. Es ist eine dieser wunderbaren galizischen Städte, von denen die einen sagen, sie hätten eine einzigartige Stimmung, die anderen wiederum meinen, die Zeit sei hier vor langer Zeit stehen geblieben.

Nowy Wiśnicz ist eine Kleinstadt in Małopolska im Kreis Bochnia. Sie liegt an der Straße von Bochnia nach Limanowa. Sie zählt etwa 3000 Einwohner. Es mag Sie überraschen, dass es hier viele schöne und noch wenig bekannte Denkmäler gibt, die es mit Sicherheit wert sind, gesehen und erkundet zu werden. Nahezu jede Ecke von Nowy Wiśnicz kann beeindrucken. Das Schloss ist zwar eine in ganz Polen bekannte Perle, aber wer glaubt, dass es das einzige ist, das hier Aufmerksamkeit verdient, der irrt. Es gibt einen interessanten Marktplatz mit einem prächtigen Rathaus. Gleich hinter dem Marktplatz erhebt sich die Kirche Mariä Himmelfahrt - eine wunderschöne Basilika. Der jüdische Friedhof, das ehemalige Kloster der Unbeschuhten Karmeliter oder  „Koryznówka” – das Museum der Erinnerungsstücke an Jan Matejko. Man könnte noch länger aufzählen, aber lass uns beginnen mit...

Die Geschichte von Nowy Wiśnicz im Überblick

Die Ursprünge von Nowy Wiśnicz gehen auf die Adelsfamilie Kmita zurück, die hier im 14. Jahrhundert eine Wehrburg errichtete. Am Ende des 16. Jahrhunderts wurden die Güter Wiśnicz von Sebastian Lubomirski gekauft. Die Blütezeit der Stadt begann unter Sebastians Sohn, Stanisław Lubomirski. Am Fuße des Schlosses begann Stanisław Lubomirski mit Errichtung einer Stadt, der vom König Sigismund III. Wasa 1616 das Stadtrecht verliehen wurde. Sie sollte Nowy Wiśnicz heißen, im Gegensatz zu dem nahe gelegenen Dorf Stary Wiśnicz, das mehrere hundert Jahre älter war. Lubomirski finanzierte auch den Bau eines Rathauses und einer Pfarrkirche, sowie als Votum nach dem polnischen Sieg bei Chocim (1621) das Kloster der Unbeschuhten Karmeliter. Handwerk und Handel blühten in der Stadt auf, und es entstanden neue Wohn- und öffentliche Gebäude. Nach dem Tod des Gründers begann der langsame Verfall der Stadt. Nachfolgende Besitzer kümmerten sich weder um das Schloss noch um die Stadt. Der polnisch-schwedische Krieg trug noch mehr zu diesem Niedergang bei. 1655 zerstörten und plünderten die Schweden das Schloss. Bereits nach der ersten Teilung Polens kam das Gebiet unter österreichische Herrschaft. Kaiser Joseph II. verkündete die Aufhebung des Karmeliterordens, und das Kloster wurde in ein Gefängnis umgewandelt. Bis heute befindet sich dort eine Justizvollzuganstalt. Weitere große Verluste erlitt die Stadt 1863, als ein Großbrand die meisten der städtischen Holzhäuser zerstörte. 1934 verlor Nowy Wiśnicz sein Stadtrecht, erst 60 Jahre später wurden sie wieder verliehen wurden. Während der nationalsozialistischen Besatzung wurde ein riesiger Teil der Bevölkerung, darunter fast alle Juden, ermordet.

Toleranz von Nowy Wiśnicz

Von Anfang an herrschte in der Stadt religiöse Toleranz. Davon zeugt die Tatsache, dass sich neben den Katholiken auch Juden hier niederließen und eine Synagoge und eine Schule bauen durften. Entsprechend der Niederschrift von Lubomirski: „Und diese Stadt soll in der Tat frei sein für alle, die sich dort versammeln wollen, um sich dort niederzulassen und zu wohnen (...), sowie um Handel und verschiedene Handwerke und alle anderen Tätigkeiten auszuüben, die eines guten Bürgers würdig sind“. Stanisław Lubomirski stimmte zu, dass sich in Wiśnicz die Juden niederlassen durften, die 1605 aus dem nahe gelegenen Bochnia vertrieben worden waren. Ihnen wurde ein eigener Vorort in Nowy Wiśnicz zugewiesen, wo sie Grundstücke erwerben konnten. Sie bauten in ihrem Viertel eine Synagoge, einen Friedhof und eine Schule. Handel und Handwerk blühten in Nowy Wiśnicz auf, und es wurden Messen veranstaltet, zu denen Kaufleute von weither kamen. Die Stadt entwickelte sich zu einem wichtigen Zentrum und wurde gerne von bedeutenden Personen besucht. Das Schloss besuchten polnische Könige, und in späteren Zeiten kamen berühmte polnische Künstler, allen voran Jan Matejko, nach Nowy Wiśnicz. Dank Lubomirski galt Nowy Wiśnicz jahrelang als die am meisten von der jüdischen Kultur geprägte Stadt in diesem Teil von Galizien.

Schloss in Nowy Wiśnicz

Das Schloss in Nowy Wiśnicz ist ein Juwel unter den Schlössern in Małopolska. Stolz präsentiert es sich auf einem Hügel oberhalb der Stadt. Es ist wunderschön in die malerische und farbenfrohe Hügellandschaft des Vorgebirges Pogórze Wiśnickie eingebettet und erfreut die Besucher mit seinem märchenhaften Aussehen. Das Schloss von Nowy Wiśnicz gehört zu den wertvollsten Werken der frühbarocken Residenz- und Wehrarchitektur in ganz Polen. In Małopolska ist es das zweitgrößte Schloss nach dem Wawel. Die Festungsanlage ist in einem sehr guten Zustand. In den Innenräumen wurde ein Museum eingerichtet, in dem eine Ausstellung über die Geschichte der Festung und ihren Wiederaufbau gezeigt wird. Zu sehen sind Fotos, die das Schloss in früheren Zeiten zeigen, sowie Mobiliar aus dem 19. und 20. Jahrhundert, Modelle verschiedener Schlösser und Werke von Schülern des Lyzeums für Bildende Künste in Nowy Wiśnicz. Zu besichtigen freigegeben sind auch der riesige Ballsaal, der sog. Plafond-Raum mit vergoldeter Decke, ein akustischer Raum, der einst zur Abnahme der Beichte benutzt wurde, die Schlosskapelle und die Gruft mit sechs Sarkophagen, darunter der von Stanisław Lubomirski. Mit dem Schloss ist eine Legende verbunden. Sie erzählt von tatarischen Gefangenen, die von Stanisław Lubomirski in der Schlacht bei Chocim gefangen genommen wurden. Die Gefangenen wurden beim Umbau des Schlosses eingesetzt. Doch die für ihre Freiheitsliebe bekannten Tataren konnten die Gefangenschaft und die Zwangsarbeit nicht ertragen und versuchten zu fliehen, indem sie sich Flügel aus Ästen und Gänsefedern an die Arme anklebten. Die Flucht endete tragisch. Der Legende nach stürzten einige der Gefangenen zu Boden in der Nähe des heutigen Lyzeums für Bildende Künste, an, andere wiederum in Bochnia. Nach einer Version der Legende wurden an den Stellen, an denen sie abstürzten, Säulen aufgestellt, die bis heute erhalten geblieben sind.

Das erste polnische Kochbuch wurde hier geschrieben

Und noch etwas sehr Wichtiges - das erste polnische Kochbuch wurde hier geschrieben, am Hof des Wojewoden von Kraków – Aleksander Michał Lubomirski. Es wurde auf dem Schloss Wiśnicz von dem Koch Stanisław Czerniecki verfasst und 1682 veröffentlicht. Es waren echte kulinarische Wunderwerke, begleitet von Erzählungen über Geschmack, Duft und Zubereitung. „Unter allen menschlichen Eigenschaften haben die Menschen von Natur aus jene Attributen, dass sie verschiedene Geschmäcker lieben, nicht nur wegen des Appetits, sondern auch wegen des Könnens, der Fähigkeiten und Kenntnisse“ - schrieb Meister Czerniecki.

Den Experten zufolge handelt es sich um ein Buch mit sarmatischem Geist und einem großen kulinarischen Genie. Stanisław Czerniecki schrieb sein Buch im Schloss in Wiśnicz, und obwohl er ein Vertreter der sarmatischen Adelskultur war, liebte er geschmackliche Neuheiten und Experimente, warnte aber gleichzeitig vor törichten Entleihungen aus dem Ausland. Das Buch enthält 333 Rezepte für Fleisch-, Fisch- und Milchgerichte sowie eine ganze Reihe küchentechnisch nützlicher Beilagen und Zusätze. Bei der Zubereitung benutzte Czerniecki reichlich Safran, Zimt oder Muskatblüten. Er brach mit alten Gewohnheiten, indem er zu den zubereiteten Speisen Moschus, Sultaninen und Essig hinzufügte. Czerniecki beginnt seine Geschichte mit Brühe. Obwohl die Brühe zu der Zeit, als er schrieb, nicht als Suppe, sondern als reichhaltiges Fleischgericht galt, ist es ihm zu verdanken, dass sie als polnische Suppe bekannt wurde und ihren Weg auf unsere Tische fand. In seinem Werk bereitet der Küchenmeister die Brühe auf 16 Arten zu. Jeder Abschnitt enthält auch Ergänzungen zu den Beilagen und Zusätzen. So beschreibt er beispielsweise im Kapitel über Fisch ein Dutzend Marinaden und ein Rezept für Hecht, der gleichzeitig gekocht, gebraten und gebacken wird. Die wichtigste Botschaft von Czerniecki ist jedoch sein Verständnis von der Rolle des Küchenmeisters. Er ist nicht nur jemand, der die Speisen zubereitet, sondern vor allem für die Atmosphäre des Festmahls und des festlichen Speisens sorgt und die Nahrungsaufnahme zu einem Spektakel macht.

Kloster der Unbeschuhten Karmeliten

In der Nähe des Schlosses, auf einem Hügel, liegt das Kloster der Unbeschuhten Karmeliter – ein herausragendes frühbarockes Werk mit einer Kirche, die Christus dem Erlöser geweiht ist, und einer Festungsanlage mit Bastionen. Das Kloster wurde von Wojewoden von Kraków Stanisław Lubomirski als Votivgabe für seinen Sieg über die Türken bei Chocim im Jahr 1621 gestiftet. Die Arbeiten wurden von Lubomirskis italienischem Hofarchitekten, Matteo Trapola, geleitet. Das Kloster erhielt eine reiche Ausstattung aus Gold und Silber, sowie große Landgüter. Die Mönche besaßen auch eine beeindruckende Bibliothek. Im Jahr 1655 wurde das Kloster, ebenso wie das Schloss, von den Schweden besetzt, die das Gebäude plünderten und zerstörten. Das Jahr 1783 brachte die Auflösung des Klosters durch die Österreicher. Die Güter und Schätze des Klosters wurden beschlagnahmt und nach Wien gebracht, und die Mönche zogen nach Lemberg um. Die österreichischen Behörden richteten in den Klostergebäuden ein Gericht und ein Strafgefängnis ein. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis heute dient das ehemalige Kloster der Unbeschuhten Karmeliter in Nowy Wisnicz wieder als Vollzugsanstalt. Einmal im Jahr gibt es die Möglichkeit, das Gefängnisgelände zu betreten und die Überreste der Kirche auf dem Klostergelände zu besichtigen. Eine solche Gelegenheit bietet sich während des Wochenendes mit den Denkmälern des Kreises Bochnia, das jedes Jahr am ersten Samstag und Sonntag im September stattfindet.

Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt

Sie wurde vom Gründer der Stadt, Stanisław Lubomirski, gestiftet. Die Kirche wurde zusammen mit dem Pfarrhaus und dem Glockenturm in den Jahren 1616-1621 errichtet. Es handelt sich um ein einschiffiges gemauertes Bauwerk mit Tonnengewölbe im Innenraum. Sie ist ein Beispiel für die frühbarocke Architektur. Neben der Kirche steht ein historisches Pfarrhaus aus dem 17. Jahrhundert mit einem Turm, der einst als Glockenturm diente. Die Glocken läuten heute von einem 1957 errichteten Glockenturm. Zu der wertvollen Ausstattung gehört ein Taufbecken, das teilweise aus Holz und teilweise aus Messing gefertigt ist. Der prachtvolle vergoldete Tabernakel aus Holz stammt aus dem 17. Jahrhundert. Auch die Orgel, die Beichtstühle und das Gestühl sind historisch wertvoll. Die Glasfenster wurden von Zygmunt Gloger und Czesław Dźwigaj gefertigt. Czesław Dźwigaj ist auch der Autor der Statuen des hl. Johannes Paul II. und der Muttergottes der Apokalypse. Die beiden Kunstwerke stehen auf dem Kirchplatz, und in der Nähe befindet sich eine Christkönigskulptur, die an das Jubiläumsjahr 2000 erinnert – vom selben Autor.

Das städtische Rathaus

Das Rathaus steht auf dem Marktplatz von Wiśnicz. Es wurde von Stanisław Lubomirski gestiftet und in den Jahren 1616-1620 errichtet. Ursprünglich war es ein einstöckiges Gebäude mit einer Galerie und einem Dach in Form einer barocken Zwiebelkuppel. Nach dem Brand von 1863 wurde das erste Stockwerk aufgesetzt und die Form des Turms verändert. Heute befinden sich im Erdgeschoss die Sitzungsräume des Stadtrats, im EG das Standesamt und die Stadtbücherei und im Untergeschoss eine Galerie und ein Café.

Koryznówka  – Museum der Erinnerungsstücke an Jan Matejko

Hier tankte Matejko neue Kräfte, sowohl alleine als auch in Begleitung seiner Frau und der Kinder. Das Haus wurde von Leonard Serafiński errichtet, dem Ehemann von Joanna Giebułtowska, der Schwester von Jan Matejkos Frau. Koryznówka befindet sich oberhalb des Schlosses, an der Straße, die zum Kloster der Unbeschuhten Karmeliter und zu den Gefängnisgebäuden führt, und ist ein kleines, stilvolles Holzhaus, das ununterbrochen von derselben Familie bewohnt wird (wie die berühmte „Rydlówka“ in Bronowice). Bei der hier untergebrachten Sammlung handelt es sich überwiegend um Familienerbstücke. Die Innenräume sind authentisch und nicht für museale Zwecke eingerichtet. Der Meister Matejko zeichnete hier unter anderem die alte Architektur, die für galizische Kleinstädte typisch war, nach, und die heute praktisch verschwunden ist. Das Museum der Erinnerungsstücke an Jan Matejko wurde 1981 eröffnet und ist eine Zweigstelle des Kreismuseums Tarnów. Das kleine Herrenhaus ist in zwei Teile gegliedert: den vorderen Teil mit einem kleinen, aber reizvollen Garten, der für die Besucher zugänglich ist, und den hinteren Wohnteil, der von den Besitzern für private Zwecke genutzt wird. Man betritt das Haus durch einen Windfang und gelangt in einen Flur, von dem aus man in zwei Zimmer eintreten kann. Die zur Besichtigung freigegebenen Räume, einschließlich der Originalmobiliar und -ausstattung, sehen angeblich so aus, wie sie zu Matejkos Zeiten ausgesehen haben. So können wir uns genau wie Matejko fühlen und die gleichen Dinge sehen wie er.

Naturschätze von Nowy Wiśnicz

Die Stadt ist wunderschön im Gebiet des Landschaftsschutzgebiets Wiśnicko-Lipnicki gelegen. In der unmittelbaren Umgebung befinden sich mehrere Naturschutzgebiete und geschützte Naturräume:

  • Naturreservat Kamień-Grzyb  (wörtlich: Stein-Pilz), mit einem ca. 7 m hohen Felsbrocken.
  • Das Naturdenkmal Brodziński-Steine mit einer Gruppe von interessanten Felsformationen aus Istebniański-Sandstein.
  • Felsen Skałki Chronowskie

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